Pressemitteilung, Berlin

Spargel wichtiger als Oma und Opa?
VHBP fordert sofortige Rechtssicherheit für Hunderttausende von Betreuungspersonen aus Osteuropa

Für den Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) ist nicht nachvollziehbar, dass Menschen nur zu zehn Prozent legal in häuslicher Gemeinschaft betreut werden, während der Spargel von ausländischen Kräften ganz legal geerntet wird.

Die Nachricht ging kürzlich durch die Republik: Um die Spargelernte nicht zu gefährden, ließ die Agrarbranche Zehntausende Erntehelfer aus Rumänien einfliegen. In Zeiten der Corona-Pandemie ist dies durchaus eine Meldung wert – funktioniert diese Freizügigkeit in anderen existenziellen Bereichen doch überhaupt nicht. Daher fragt Daniel Schlör, Vorsitzender des Verbandes für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP): „Ist die Versorgung mit Spargel wichtiger oder die Versorgung alter und kranker Menschen?“

Der Hintergrund: Aktuell kümmern sich in Deutschland rund 300.000 Betreuungskräfte aus Osteuropa um alte und kranke Menschen in häuslicher Gemeinschaft (sog. 24-h-Betreuung). „Davon sind aber 90 % illegal beschäftigt und haben daher keine Einreiseerlaubnis, wenn sie aus dem Ausland an ihren Arbeitsplatz in Deutschland zurückkehren wollen. Doch das Pflegesystem in Deutschland ist auf diese Helfer angewiesen. Denn als Alternative zur häuslichen Seniorenbetreuung fehlen mehrere 100.000 Plätze in Pflegeheimen, und die ambulanten Dienste sind schon seit längerem überlastet“, stellt der Verbandsvorsitzende heraus.

Für Daniel Schlör ist nicht nachvollziehbar, dass die große Zahl in häuslicher Gemeinschaft versorgter Menschen nur zu zehn Prozent legal betreut, während der Spargel wiederum von ausländischen Kräften ganz legal geerntet wird. Das sei in der derzeitigen pandemischen Krisensituation ein besonderes Problem. „In Zeiten von tödlicher Ansteckungsgefahr braucht es eine einfache rechtssichere Basis und eine wirksame Erfassung der Betreuungspersonen an der Grenze. Andernfalls können Infektionsketten durch offiziell gar nicht existierende, weil schwarz tätige Betreuungspersonen in Gang gesetzt werden, ausgerechnet bei den am meisten gefährdeten Menschen, unseren pflegebedürftigen Eltern und Großeltern. Es ist schlichtweg ein Skandal, dass für die hochvulnerable Gruppe älterer und alter Menschen hunderttausende Betreuungspersonen schwarz tätig und trotz Corona-Krise nicht einmal erfasst sind.“

Der VHBP tritt seit Jahren für Rechtssicherheit der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft, Eindämmung der Schwarzarbeit und Anerkennung der häuslichen Seniorenbetreuung als dritte Säule der Versorgung alter und kranker Menschen ein. Ziel des Verbandes ist es, für Senioren und Betreuungspersonen einen besonderen Schutz herzustellen und damit qualifizierte Betreuung in häuslicher Gemeinschaft in Deutschland sicherzustellen. „Wir orientieren uns an Österreich, das über ein eigenes Hausbetreuungsgesetz die Rechte und Pflichten der Kunden und der Betreuungspersonen klar geregelt hat. Damit schaffen wir für die Betreuungspersonen legale Beschäftigungsverhältnisse“, betont Geschäftsführer Frederic Seebohm. Er kritisiert damit auch deutlich die Haltung u.a. von Gewerkschaften, die dieses Modell als Ausbeutung osteuropäischer Frauen ansehen. „Das Gegenteil ist der Fall. Die legale Beschäftigung bietet umfassenden Schutz. Wir als Branche übernehmen damit Verantwortung für Hunderttausende von Betreuungspersonen.“

Pressekontakt
Verband für häusliche Betreuung und Pflege e.V. (VHBP)
Frederic Seebohm, Geschäftsführer
Friedrichstraße 191, 10117 Berlin
Telefon: 030 20659-427, E-Mail: info@vhbp.de

Über den VHBP
Derzeit sind in Deutschland rund vier Millionen Menschen pflegebedürftig. Rund dreiviertel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt und betreut. Angesichts von Personalnot und demographischer Entwicklung wird der Bedarf an häuslicher Versorgung weiterwachsen. Der Verband für häusliche Betreuung und Pflege e.V. (VHBP) setzt sich für neue, legale Versorgungskonzepte im Zusammenspiel bestehender Anbieter ein. Der VHBP hat drei Ziele definiert: Rechtssicherheit für Betreuung in häuslicher Gemeinschaft; Eindämmung der Schwarzarbeit; Anerkennung der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft als dritte Säule der Versorgung alter und kranker Menschen. Der VHBP schätzt, dass rund 90 % der 300.000 Betreuungspersonen in Deutschland illegal tätig sind. Der VHBP kämpft dafür, dass sich das Verhältnis umkehrt und orientiert sich an Österreich, das in diesem Bereich die Schwarzarbeit weitgehend beendet hat: Mindestens 90 % der Betreuungspersonen sollen künftig in Deutschland legal tätig sein. Dafür bedarf es gesetzgeberischer Korrekturen. Deshalb wendet sich der VHBP dezidiert gegen die bisherige Politik des Wegsehens, Tabuisierens und Ablenkens und will stattdessen den Schutz für Betreuungspersonen und betroffene Familien deutlich erhöhen. Weitere Informationen unter: www.vhbp.de